Kürzung der Solarförderung gefährdet Arbeitsplätze

Protestaktion gegen radikale Kürzung der SolarförderungIn mehreren deutschen Städten gingen heute mehrere tausend Beschäftigte der Solarbranche auf die Straße, um gegen die drastischen Kürzungs-pläne, die Bundes-wirtschaftsminister Rösler (FDP) und einige Wirtschaftspolitiker innerhalb der Union fordern, zu demonstrieren. Die Förderung neuer Solarstromanlagen soll auf einen Bruchteil des bisherigen Zubaus beschränkt werden und aktuellen Meldungen zufolge bereits ab dem 9. März 2012 greifen. Die Belegschaft des Solarunternehmens Wagner & Co mit Sitz in Cölbe und Kirchhain protestierte gegen die Kürzungspläne mit einer symbolischen Werksschließung. Die Bürgermeister von Marburg, Cölbe und Kirchhain, sowie die Kreistagsabgeordneten Reiner Nau und Michael Meinel nahmen an der Protestveranstaltung teil.

Protest gegen Förderkürzung und Argumente für Nutzen der Solarenergie

Auf Plakaten und Bannern brachten die MitarbeiterInnen von Wagner & Co ihren Protest zum Ausdruck und forderteten den Bundeswirtschaftsminister auf, die Kürzungspläne fallen zu lassen. Christof Biba, Mitglied der Geschäftsleitung und Marketingleiter Solarstrom bei Wagner & Co, warnte: „Die Energiewende kann nur Wirklichkeit werden, wenn die Politik das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) nicht weiter ändert. Seit 2008 hat sich die Förderung bereits halbiert. Die völlig überzogenen Kürzungspläne bedrohen die gesamte Solarbranche in Deutschland und damit über 100.000 Arbeitsplätze.“ Biba hob hervor, dass bei der Diskussion um die Solarenergie in den Medien vor allem die Kosten in den Vordergrund gerückt werden, während der Nutzen häufig in den Hintergrund tritt. Solarstrom erreicht bereits in diesem Jahr das Preisniveau von Haushaltsstrom. Bis 2020 kann Solarstrom mehr als 10% des Strombedarfs in Deutschland decken. Damit wächst der Solarstromanteil stark (von bisher 4%) bei nur noch minimaler Kostensteigerung des Verbraucherstrompreises von 1,9%. Oft wird auch verschwiegen, dass besonders energieintensive Unternehmen der Großindustrie von der EEG-Umlage ausgenommen und ab einer bestimmten Menge des Stromverbrauchs auch von der Zahlung der Netzentgelte befreit sind.

Protestaktion unter Beteiligung der regionalen Politk

An der Protestaktion in Kirchhain nahmen auch Politker aus der Region teil. Dr. Franz Kahle, Bügermeister der Universitätsstadt Marburg, betonte, dass mit der Photovoltaik gerade die regionale Wertschöpfung gestärkt wird. So profitieren von dem Ausbau der Solarenergie nicht nur die in Deutschland angesiedelten Solarunternehmen, sondern gerade auch die vielen regionalen Handwerksbetriebe und privaten Betreiber einer Solarstromanlage. Vertreter der Kommunen brachten zum Ausdruck, dass mit der geplanten Kürzung der Solarförderung jegliche Planungssicherheit verloren geht. Deutschlandweit versuchen Kommunen gerade, in puncto Energie auf eigenen Füßen zu stehen und ihre Energieversorung unter Beteiligung der BürgerInnen selbst in die Hand zu nehmen. Die regionalen Wirtschaftsstandorte sollen damit gestärkt und die Arbeitsplätze in der Region erhalten werden. Die Kürzungspläne der Bundesregierung könnten solche Vorhaben zunächst auf Eis legen.

Landes-GRÜNE fordern Puttrich zum Handeln auf

Anlässlich der vereinbarten massiven Kürzungen der Solarförderung fordert die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Umweltministerin Puttrich (CDU) auf, sich umgehend für den Erhalt der hessischen Solarindustrie einzusetzen. „Eine maßvolle zusätzliche Reduzierung der Förderung über das bereits vorgesehene Maß hinaus könnten wir uns vorstellen. Die jetzt geplanten Kürzungen aber sind ohne Augenmaß und daher verantwortungslos. Was Röttgen und Rösler planen, könnte mit seinen unverhältnismäßigen und abrupten Einschnitten die Solarwirtschaft in Hessen abwürgen”, kritisiert die umweltpolitische Sprecherin der GRÜNEN, Ursula Hammann.

Bereits Anfang März solle die Solarförderung um 20 bis 30 Prozent gekürzt werden. Davon seien kostengünstige Freiflächenanlagen besonders betroffen, sie sollen offensichtlich aus dem Markt gedrängt werden. „Zehn Prozent des Solarstroms sollen künftig nicht mehr vergütet werden. Das ist der Einstieg in den Ausstieg aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz mit fatalen Folgen für die Sicherheit von Investitionen.“

DIE GRÜNEN verweisen auf die starke Stellung der Solarindustrie gerade auch in Hessen, die so gefährdet würde. Der Weltführer in der Wechselrichterproduktion für Solaranlagen, SMA in Nordhessen, beschäftigt insgesamt über 5000 Mitarbeiter. Bis zum Jahr 2020 könnten allein in Nordhessen 20 000 Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien und der Effizienzverbesserung entstehen.

Kommunale Vorhaben zur Energiewende gestoppt

Viele Kommunen in der Region sind dabei ihre Klimaschutzkonzepte umzusetzen. Marburg, Cölbe, Lahntal, Münchhausen und der Landkreis insgesamt haben in den letzten beiden Jahren solche Konzepte erarbeitet. So einiges an Vorhaben im Bereich Photovolatik muss nun auf Eis gelegt werden, da keine Wirtschaftlichkeit mehr gegeben ist. „Dabei sind Photovoltaikanlagen, diejenigen mit der größten Wertschöpfung, wie eine Studie belegt, die das Bundesumweltministerium selbst im letzten Jahr hat erarbeiten lassen,“ so Michael Meinel, Kreistagsabgeordneter der GRÜNEN und Beigeordneter der Gemeinde Lahntal. „Bei Handwerker und Hausbesitzer, aber auch bei den Banken der Region bleibt ein Großteil der Einspeisevergütung.“ Nach Ablauf der Förderung trage der eingespeiste Strom zur Verbilligung des Energiepreises bei. Der Effekt beginne sich schon jetzt zu zeigen, wie an der Strombörse in diesem Winter zu erleben gewesen sei. Dass die Bundesregierung nicht mal ein Jahr nach Fukushima nun erneut die Solarförderung radikal kürzt, zeige wie ernst sie es mit der Energiewende meint, so Michael Meinel.

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